Benin Initiative Schweiz: Forschung und Dialog mit Nigeria

Acht Schweizer Museen haben sich in einem Verbundprojekt zusammengeschlossen, um gemeinsam die kolonialen Provenienzen ihrer Sammlungen aus dem Königtum Benin, Nigeria zu untersuchen. Ziel der Initiative ist, Transparenz für die Forschung und einen offenen Dialog mit Nigeria, dem Herkunftsland der Werke, zu schaffen.

Das Königtum Benin im heutigen Nigeria wurde 1897 von Britischen Kolonialtruppen angegriffen. Sie zerstörten den Palast des Königs, plünderten ihn und beschlagnahmten um die 4000 Werke. Diese gelangten in der Folge als sogenannte «Benin Bronzen» über den Kunsthandel in private und öffentliche Sammlungen in der ganzen Welt.

Bei den Objekten, die von den Museen während der Kolonialzeit erworben wurden, soll geklärt werden, ob sie im Zuge der sogenannten «Strafexpedition» der Briten erbeutet wurden, oder ob sie möglicherweise auf einem anderen Weg auf den internationalen Kunstmarkt gelangten. Bei den Werken, die erst nach der Unabhängigkeit Nigerias (1960) in die Schweiz gelangten, soll untersucht werden, ob sie dennoch in Beziehung zur «Strafexpedition» stehen, oder ob sie erst später hergestellt wurden.

An dem Projekt beteiligt sind folgende Museen: Bernisches Historisches Museum, Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen, Musée d'Ethnographie de la Ville de Genève, Musée d'Ethnographie de Neuchâtel, Museum der Kulturen Basel, Museum Rietberg der Stadt Zürich, Museum Schloss Burgdorf, Völkerkundemuseum der Universität Zürich. In den Sammlungen dieser Museen befinden sich heute knapp 100 Werke aus dem Königtum Benin.

Wege rekonstruieren
Um die Wege der einzelnen Objekte aus dem Königtum Benin bzw. dem heutigen Nigeria bis zu ihrer Aufnahme in die Sammlungen schweizerischer Museen zu rekonstruieren, sind im Projekt je eine Provenienzforscherin in der Schweiz und in Nigeria angestellt. Durch Recherchen in Museums- und Kunsthandelsarchiven in Europa und in Afrika sowie den Einbezug mündlich überlieferter Geschichte (oral history) der Handwerkergilden und Palastgesellschaften in Benin City (im heutigen nigerianischen Bundesstaat Edo) sollen die Objektbiografien und die Transaktionen, durch die sie in die Schweiz gelangten, rekonstruiert werden.

Das Verbundprojekt, das die vernetzte und kooperative Provenienzforschung zu den Beständen aus dem Königtum Benin zum Inhalt hat, wird vom Bundesamt für Kultur (BAK) 2021/22 mit 100’000 Franken gefördert.

Ziel der Initiative
Auch wenn es bislang keine Rückgabeforderungen an Schweizer Museen gibt, ist es wichtig, dass Museen sich selbst der Verantwortung stellen und Forschung und Dialog über sensibles Kulturerbe initiieren. Neben der Erforschung der Netzwerke von Museen, des Kunsthandels in der Kolonialzeit und von Sammlern und Sammlerinnen gehört auch die Vernetzung und der Aufbau von Partnerschaften und Kooperationen mit nigerianischen Museen und dem königlichen Palast in Benin-City zu den Zielen der Initiative. Durch den Dialog soll eine Grundlage für den zukünftigen Umgang mit den Werken aus Benin und deren Geschichte geschaffen werden.

Die Erkenntnisse der Forschung werden in einem Bericht in Deutsch, Englisch und Französisch zusammengefasst, der sowohl in der Schweiz als auch in Nigeria veröffentlicht wird. Auf der online-Plattform digitalbenin.org werden die Ergebnisse zu den einzelnen Objekten öffentlich zugänglich gemacht. Zudem sind in den beteiligten Museen Workshops, Tagungen und Ausstellungen geplant.

Im Februar 2023 fand das Swiss Benin Forum statt, an der auch eine Delegation aus Nigeria teilnahm. Mehr dazu in der Medienmitteilung

Im Juni 2023 begann dank der Unterstützung durch das BAK die zweite Phase des Projekts. Die Medienmitteilung dazu findet sich hier.

In der Pressemitteilung finden Sie weitere Informationen über die Benin Initiative Schweiz, ebenso im folgenden Video: