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Sensible Fotografien?

Im MKB wird auch Provenienzforschung zu kolonialen Fotobeständen betrieben. Ein Beispiel.

Seit März dieses Jahres setzen sich Aila Özvegyi, Birgit Huber und Sandrine Mischler im Projekt «Sensible Fotografie? Koloniale Fotobestände im Museum der Kulturen Basel»* mit sechs Sammlungen von Schweizer Geologen, die für internationale Erdölfirmen oder im Auftrag von Kolonialregierungen arbeiteten, auseinander. Das Fotografieren war Teil ihrer Reise- und Arbeitstätigkeit. Zeitlich sind die Sammlungen zwischen 1900 und 1960 entstanden.

Auf einer dunkelgrauen Fotoalbumseite sind vier Schwarz-Weiss-Fotos geklebt. Die oberen zwei Fotos zeigen Gebäude und Wiesen. Auf den unteren beiden Fotos sind links viele Menschen auf einem kleinen Boot zu sehen und rechts ein Mann an einem Bürotisch.

Album (F)Vb 39528, Seite 4, Werner Rothpletz (1903-1980), April 1936

Das Projekt ist in der Provenienzforschung zu Kulturgütern aus kolonialen Kontexten angelegt. Bisher blieb die visuelle Dimension von Fotografien in der Provenienzforschung weitgehend unbeachtet. Insbesondere in Museen, die koloniale Fotobestände besitzen, gewinnt das Thema jedoch immer mehr an Bedeutung, denn der Umgang mit Aufnahmen aus kolonialen Kontexten ist besonders sensibel, da sie Zeugnisse von Aneignung, Entwürdigung oder Gewalt sein können.

Neben der Erforschung der Entstehungsbedingungen der Fotografien stehen zentrale Fragen im Fokus, etwa welche koloniale Bildsprache den Fotografien innewohnt, wofür sie genutzt wurden und wer heute Anspruch an die Fotografien hat. Gleichzeitig sollen Wege der Erschliessung und Digitalisierung unter Berücksichtigung von sensiblen Bildinhalten und Metadaten erprobt werden.

Verschiedene Materialitäten
Drei der sechs Sammlungen waren zu Projektbeginn noch gänzlich unbearbeitet. Eine der ersten Aufgaben bestand darin, diese grossen Sammlungen mit ca. 8000 Aufnahmen auszulegen und zu sichten.

Vor grauen Schränken steht ein grosser Tisch. Darauf sind Fotoalben, einzelne Blätter, Schachteln mit kleinen Schachteln drin und Schachteln mit Fotoblättern drin ausgelegt. Zwei Frauen blättern durch die Fotoblätter aus zwei Schachteln. Sie tragen blauen Handschuhe und Masken.

Sichtung der Fotosammlung von Ernst A. Ritter (1893-1969) und Anna Ritter-Buser (1891-1970), Zeitraum 1920-1950

Neben zahlreichen Negativen auf unterschiedlichen Trägern, wie Film, Nitrat oder Glas, sind auch Positivabzüge, Dias, Fotoblätter und Fotoalben Teil der Sammlungen. Im Projekt werden diese verschiedenen Materialitäten berücksichtigt, da sie Aufschluss über die jeweiligen Entstehungskontexte und Verwendungszwecke geben.

Auf einem Tisch liegen in Reih und Glied Fotoalben, Hefte, Dateikarten, Filmrollen und viele kleine Schachteln.

Die Sammlung von Werner Rothpletz ausgelegt, Zeitraum 1930-1960

Vorbereitungen
Bei der Sammlung von Ernst A. Ritter und Anna Ritter-Buser interessieren sich die drei Forscherinnen insbesondere für den Zusammenhang von Fotografie und dazugehörigem Text auf den Fotoblättern. Um diese für das Projekt aufzubereiten, wurden sie nach der Sichtung gereinigt, inventarisiert und umgelagert, damit sie in einem nächsten Schritt digitalisiert werden können.

Auf einem Holztisch liegt ein weisses, viereckiges Tuch. Darauf liegen drei beige Albumseiten, auf denen Schwarz-Weiss-Fotos kleben. Daneben liegen drei unterschiedlich grosse Pinsel. Darüber ist eine transparente Lampe.

Reinigung der Fotoblätter aus der Sammlung Ernst A. Ritter und Anna Ritter-Buser

Bei der Sammlung Werner Rothpletz legen die Forscherinnen den Fokus zunächst auf zwei Fotoalben, bei Werner Schneeberger auf die Glasdiapositive und bei den Sammlungen von Walter Bernoulli, Friedrich Weber und Max Mühlberg und Ega Mühlberg-Garsky auf die Fotoinventarkarten. Sie werden in zukünftigen Beiträgen weiter über das Projekt berichten und spannende Einblicke teilen.

 

*Das Projekt «Sensible Fotografie? Koloniale Fotobestände im Museum der Kulturen Basel» wird unterstützt durch den Georges und Mirjam Kinzel-Fonds und das Bundesamt für Kultur BAK.