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Wenn Fotos riechen

Die Fotorestauratorin Regula Anklin geht der Fotosammlung akribisch auf den Grund

Im MKB befinden sich mehrere hunderttausende Fotografien, rund 400 Filme und Tonaufnahmen. Ein Grossteil der Fotografien ist im Fotoarchiv in Metallschubladen und -schränken verstaut. Einige Schätze schlummern aber auch in Rollregalanlagen, alten Holzkistchen oder Dia-Leuchtschränken im Depot und in anderen MKB-Archivräumen.

Ganz vorsichtig Fotoalben durchforsten © Regula Anklin

Da gibt es zum Beispiel Daguerreotypien, Glasnegative, Diapositive, Stereobilder und zahlreiche Fotoalben aus aller Welt. Viele der Fotografien sind sehr alt und schon weit gereist. Und sie weisen Gebrauchsspuren auf: Wenn sie oft angeschaut wurden oder lange an der Wohnzimmerwand hingen, über Jahre im Keller aufbewahrt oder lange im Reisekoffer verstaut waren.

Auch im Museum fotografiert

Tausende Fotos sind zudem im Museum selbst entstanden. Zum Beispiel die Objektfotografien, die zur Dokumentation oder für die Inventarkarten hergestellt wurden. Oder die Ausstellungsfotografien, die Einblicke in die frühe Ausstellungspraxis geben.

Negative sind in Karteikästen abgelegt © Regula Anklin

Fotografien sind je nach Materialität äusserst fragil. Farben bleichen mit der Zeit aus, je nach Klima bekommen die fotografischen Objekte Risse, können zerbrechen oder leiden unter zu hoher Luftfeuchtigkeit. Um herauszufinden, ob das auch in der MKB-Fotosammlung der Fall ist, lassen wir eine konservatorische Bestandsaufnahme durchführen.

Seit Juli prüfen die Fotorestauratorin Regula Anklin und ihr Team die Fotosammlung auf Herz und Nieren. Ziel ist ein Überblick über die Menge, die Materialität und den Zustand der Fotosammlung zu erhalten. So können in Zukunft die Lagerbedingungen und den Zugang verbessert werden.

Schätze ans Licht bringen

Wir blicken Regula Anklin über die Schulter und fragten nach:

MKB: Regula, wie geht ihr vor?
Regula Anklin: Wir gehen Standort für Standort, das heisst Regal für Regal und Schublade für Schublade durch die Räume und halten fest, was sich wo befindet. Dann bestimmen wir das Material, die Masse, die fotografische Technik und die Anzahl der fotografischen Objekte, beurteilen den Zustand und weisen eine Schadenskategorie zu.

Danach werten wir die Daten aus. So können wir Aussagen treffen, was dringend verändert werden muss, damit die Fotografien langfristig gut erhalten bleiben. Und wie gross der Bestand tatsächlich ist oder wie viel Platz benötigt wird, wenn ähnliche Materialien an einem Ort gelagert werden sollen. Nicht alle Fotografien brauchen die gleichen Lagerbedingungen.

Alle Holzkästen in den Regalen werden durchwühlt

Was hat euch am meisten erstaunt?
Sicherlich die Menge und Vielfalt der fotografischen Objekte. Die ganze Fotogeschichte ist abgebildet, darunter viele verschiedene Techniken. Die ältesten Verfahren sind beispielsweise Daguerreotypien aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, sie stammen aus der näheren Umgebung des Museums. Sehr alte Papierabzüge aber stammen von verschiedensten Forschungsreisenden aus der ganzen Welt. Glasmaterial ist mengenmässig auch gut vertreten: Es gibt viele Glasstereodias mit den dazugehörigen Betrachtungsgeräten.

Dann wunderbare Alben in imposanten Grössen aus dem 19. Jahrhundert. Und weil die Foto-Objekte aus allen Regionen der Welt kommen, gibt es sehr Interessante darunter: zum Beispiel Fotoalben mit kunstvollen Intarsien aussen im Holzbuchdeckel und handkolorierten Albuminabzügen aus Japan innen oder auch mir unbekannte Bindetechniken und Papiere aus Asien. Wunderschöne frühe afrikanische Studioporträts sind genauso vertreten wie Originalfotoschachteln einer mir unbekannten Marke – und ich kenne viele! Mir wurde immer wieder bewusst, dass fotografische Materialien einen gewissen Zeitgeist widerspiegeln.

Filmhülsen und Verpackungen aus längst vergangenen Zeiten

Was waren bis jetzt die grössten Herausforderungen?
Eine Herausforderung war das Objekthandling, wenn etwa schwere Glasdiaboxen in hohen Regalen verstaut waren und heruntergeholt werden mussten. Oder die teils starken Gerüche der degradierenden Kunststoffnegative, aber ebenso der Staub auf den teils sehr alten Objekten. Da helfen uns aber spezielle Atemschutzmasken.

Oder, dass sich manchmal ganz viele unterschiedliche fotografische Materialien auf ganz wenig Raum befinden. Wir schauen uns beispielsweise in einer Schublade eine kleine Sammlung mit unterschiedlichen Abzügen an, welche sich in einem grossen Couvert befinden, aber es gibt auch eine Schachtel mit Glasnegativen einer anderen Sammlung und daneben ein Fotoalbum oder unzählige Filmdosen mit gerollten Filmen, die ebenfalls separate Sammlungen sind. Dies ist sehr zeitaufwendig für die Erfassung. Die grosse Menge an Fotografien ist auch herausfordernd.