Übersicht

Die Sache mit den Geschenken

Wir alle kennen das: Die Gastgeber*innen sagen «Ja nichts mitbringen» und alle Geladenen haben trotzdem kleine Geschenke dabei. Das gehört sich doch einfach, oder?! Und wir rechnen auch damit, dass alle was mitbringen und möchten nicht mit leeren Händen dastehen. Die Gastgeber*innen müssen gute Miene zum […] Spiel machen.

Das Schenken und Beschenkt werden ist nicht immer einfach. Es scheint aber nicht ohne zu gehen. Selbst wenn ausgemacht wurde, dass man sich weder zum Geburtstag noch zu Weihnachten was schenkt, gibt es an diesen Tagen eine […] Bescherung.

Abschaffen?

Wer einem einen noch so kleinen Gefallen tut, muss damit rechnen, etwas dafür zu bekommen. Selbst wenn etwas Uraltes gratis abgegeben wird, stecken die Abholenden einem ein Zehnernötli zu.

Das ist alles schön und gut und sozial. Aber eigentlich wollten wir diese Schenkerei abschaffen. Das scheint nicht zu klappen.

Auf weissem Papier liegt ein aufgeschlagenes Buch. Die beiden Seiten sind dicht mit blauem Kuli beschrieben und weisen auch schwarz-weiss Zeichnungen von Pflanzen und Tieren auf.

Blick in eines der Tagebücher, die dem MKB von der Erbengemeinschaft Bruno Manser geschenkt worden sind

In der Ethnologie scheint es dieses Hin und Her nicht zu geben, da ist klar: eine Gabe bedingt immer eine Gegengabe. Es gibt dafür sogar Begriffe: «Kultur des Schenkens» und «Schenkökonomie». Gemeint ist damit ein soziales System, in dem Güter und Dienstleistungen ohne direkte oder zukünftige erkennbare Gegenleistung übergeben werden. Es ist eine Form des Gabentauschs.

Dieser gründet auf dem Prinzip der allgemeinen Solidarität. Er hat seinen Ursprung in frühen Gesellschaften, in denen soziale oder immatrielle Gegenleistungen wie etwa Karma, Ansehen oder Loyalität erwartet wurden. Der Begriff der Schenkökonomie geht auf Marcel Mauss zurück, der in den 1920er-Jahren den Austausch und die Verteilung von Gaben bei Indigenen in Nordamerika und anderen Gruppen untersuchte.

Ausufernd

Mauss erwähnt als Beispiel oft das Potlatch. Dabei handelt es sich um ein periodisch wiederkehrendes Fest bei indigenen Gesellschaften an der nordwestlichen Pazifikküste, bei dem der Gabentausch ausuferte. Er wurde zu einem Wettstreit, der in Verschwendung endete. Und nicht alle konnten da mithalten. Nicht grade sozial.

100 Jahre später: In einem Werbespot der Manor im Advent 2022 versuchte sich ein Paar punkto Weihnachtsgeschenke und Grösse der Gaben zu übertrumpfen. Einerseits klappt es mit der Schenkökonomie – zum Verdruss der Beschenkten. Andererseits artet der Gabentausch immer noch aus, was nicht im Sinne der Schenkenden ist. Und dies in Zeiten, wo Solidarität mehr denn je gefragt wäre …

Ein rechteckiges Stück Rinde, das aber wie Stoff aussieht, auf dem in Schwarz und Orange ein Fisch gemalt ist.

Diese Rindenmalerei aus Australien wurde dem MKB von Sabine Cohen geschenkt

Was ist mit Schenkungen? Das MKB darf ja jedes Jahr Schenkungen entgegennehmen. Und verdankt diese Grosszügigkeit mit … Dankesworten. Danke.