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Fühlen und Riechen

Angehende Textilrestaurator*innen besuchten die MKB-Sammlung und studierten jede einzelne Faser mit allen Sinnen.

Der Besuch im Depot des Museums der Kulturen Basel sei immer ein Highlight für sie und ihre Studierenden, sagt Textilrestauratorin Bettina Niekamp von der Abegg-Stiftung in der Begrüssungsrunde. Für uns ebenfalls, antwortet Kuratorin Stephanie Lovász.

Sie und Kuratorin Rebekka Sutter haben mit grossem Eifer spezielle Kleidungsstücke, Stoffe, Gewebe und Fasernbeispiele herausgesucht und an verschiedenen Orten in den weitläufigen Räumlichkeiten des Depots bereitgelegt und -gehängt. Die sieben Studierenden sind begeistert, auch weil es ganz andere Werke sind als in der Abegg-Stiftung.

Zwischen zwei weissen Rollgestellen steht eine blaugekleidete Frau, die eine Holzschublade herausgezogen hat und ein weisses Papier hochhebt. Hinter ihr sieht man im Gestell weitere Schubladen.

Das Depot auf dem Dreispitz birgt viele textile Schätze

Ihr Enthusiasmus überträgt sich auf die Kuratorinnen und weitere MKB-Mitarbeitende, die sich dieses Fachtreffen nicht entgehen lassen wollten. Von Beginn weg herrscht reger Austausch.

Sofort auch werden Lupen gezückt, um Gewebe genauestens zu studieren. Zum Beispiel die Kleidungsstücke aus Lachs, Robbenhaut und -darm aus Sibirien und Grönland. Es sei ein langer Prozess, es werde viel gehämmert, bis Fischhaut bereit ist, um daraus ein Kleidungsstück herzustellen, erzählt Sutter.

Vier Frauen stehen und sitzen vor einem braunen Gewand, das auf einem Ständer von einer Person, die man nicht sieht, hochgehalten wird. Die eine Frau ganz links betastet mit einer Hand in einem lila Handschuh einen Ärmel des Gewands.

Ein einstmals wasserdichtes Gewand aus Fischhaut wird von allen Seiten begutachtet

Von allen Seiten gemustert wird auch der Parka aus Enten, Kormoranen etc. Warum wurden dafür Vogelbälge verwendet? Wohl einfach, weil die verfügbar waren, antwortet Sutter und fügt an, dass es für ein Kleidungsstück rund 140 Vögel brauchte.

Abgegrast

Die Studierenden halten digitale Lupen an die Textilien, um sich dann das Gewebe auf dem Handy anzuschauen. Dort sieht man jedes noch so winzige Detail. Bei manchen Objekten dürfen die Gäste ihre Handschuhe ausziehen und das Gewebe fühlen.

Mehrere Personen, von denen man fast nur Arme und Hände in blauen und lila Handschuhen sieht, stehen um einen Tisch, auf dem Kleidungsstücke liegen. Zwei der Frauen beugen sich zu den Sachen hinunter und schauen sie von ganz nah an.

Die Schuhe und Stiefel werden genau unter die Lupe genommen

Lovász zeigt auf Schuhe aus Japan aus Fischhaut mit Socken aus Gras. Sie lädt ein, beides zu berühren. Eine Textilfachfrau erklärt, solche Schuhe überdauerten maximal zwei Winter. Und sie würden ziemlich streng zu riechen anfangen. Dann gebe man sie Hunden, die gerne darauf herumkauen.

Eine Diskussion entfacht darüber, ob Fasern feucht oder trocken verarbeitet werden. Und ob die Grasschuhe gleich am lebenden Fuss geformt und gemacht werden.

Stämmige Orchideen

Nun geht es in den Himalaya. Zum Naga-Umhang aus Ziegenhaar. Das rieche man, sagt eine Studierende sich vorsichtig dem Stoff nähernd. Und aus was wohl die Applikationen sind? Aus Orchideen-Stengeln, klärt Sutter auf.

Drei Frauen, von denen man nur Arme und Hände sieht, befühlen braun-beige Materialien, die auf einem Tisch liegen.

Behutsam werden die vielen verschiedenen Materialien berührt

Jetzt ist Wolle im Fokus. Die Studierenden schnuppern an einer grossen zylindrischen Rolle. Es riecht nach … Steinbock, wie Lovász ausführt, es handelt sich um angefilzten Steinbock-Wollstoff. Dieser wird in Afghanistan verwendet. Viele bewundernde «Ohs» ernten die fein gearbeiteten und sehr warm gebenden Hasenwollhandschuhe aus Iran.

Kokosnuss und Ananas

Die Gäste staunen über den Gebrauch einer unglaublichen Vielfalt von Pflanzenfasern für Unterhemden, Blusen oder Zierdecken: Das beginnt bei Reisstroh, Kokosnussfasern und Ulmenbast, geht über Bambus sowie Bromelienfasern und reicht bis zu Stoffen aus Nesseln, Ananas und Hanf. Als Lovász einen japanischen Kimono aus Bananenfasern aus den Rollschränken holt, stürzen sich die Studierenden darauf. Der sei unbezahlbar, sagt die Kuratorin.

Zwei Fotos von Stoffen: links ein gestreifter orange-braun-beiger gewellter Stoff, rechts ein beige-oranges Material, auf dem trapezförmig silberne Metallplättchen in Blütenform aufgenäht sind.

Prachtvolle Bananenfasern (links) und blütenreine Weste (rechts)

Dieser Kimono aus Okinawa habe sie am meisten fasziniert, sagt Nao Saito. Für sie ist es bereits das dritte Mal im Depot. Sie schwärmt von den vielen unterschiedlichen Materialien und erklärt, der Besuch sei sehr wichtig für den Fasernkundekurs. Hier könne sie sehen und fühlen, wie Fasern verwendet wurden und wo. Sie lerne, in welchem Klima was wachse und was daraus gemacht werde.

Lange schaut sie später mit ihren Mitstudierenden ein Oberteil an, an dem mit Silberdraht dekorativ Metallplättchen aufgenäht sind. Später staunen die Gäste über die Stärke von Papierfasern und diskutieren lange über Färbeprozesse.