Übersicht

Verstrickte Geschichte

Das Projekt «Who is Who in der Sammlung des MKB» macht sich auf die Spuren von Personen und Institutionen, die dem Museum Objekte verkauft, vermacht oder geschenkt haben. Heute im Fokus: Die ehemalige Mittelschweizerische Geographisch-Commercielle Gesellschaft.

Der Weg von Aarau nach Basel war nicht weit, als das MKB in den Jahren 1918 und 1928 rund 190 Objekte des Gewerbemuseums Aarau erwarb und diese ans Rheinknie transportierte. Doch bis dahin hatten die Objekte bereits einige Stationen hinter sich gebracht. Hauptakteurin dabei: die Mittelschweizerische Geographisch-Commercielle Gesellschaft (MGCG).

Doch was hat das ehemalige Gewerbemuseum Aarau mit der MGCG zu tun und warum sind die Objekte heute in Basel? Mit Hilfe von Archivmaterialien und Recherchen kann der komplexe Weg zumindest teilweise rekonstruiert werden.

Scan einer Karteikarte respektive einer Fotografie einer Papierschablone für Stoffmusterung aus Japan, die dem MKB 1966 geschenkt wurde.

Die MGCG wurde 1884 in Aarau gegründet. Ihre Mitglieder kamen hauptsächlich aus den Kantonen Aargau, Solothurn, Baselland und Luzern und lebten teilweise im Ausland. Der Zweck der Gesellschaft war einerseits die Förderung des wissenschaftlichen Studiums der Geografie und andererseits des Gewerbes und der Exportindustrie. Ökonomische und kommerzielle Motive waren massgebend.

Zur Ausbildung junger Kaufleute

Ähnlich wie bei anderen Fachgesellschaften dieser Zeit war auch die Vernetzung von Personen eine wichtige Funktion der MGCG. 1886 richtete die MGCG ein ethnologisches Museum ein, das zur Ausbildung von jungen Kaufleuten beitragen sollte. Die MGCG rief ihre Mitglieder dazu auf, dem Museum Produkte und Gegenstände zuzusenden.

Die bemalte, hölzerne Spindel aus Griechenland wurde vom MKB 1918 gekauft

Rund zwanzig Jahre später musste sich die MGCG aus finanziellen Gründen auflösen und die Objekte wurden dem Gewerbemuseum Aarau übergeben. Dieses wiederum musste sich 1904 neu aufstellen und beschloss, die Gegenstände aus der Sammlung der MGCG an andere Sammlungen abzugeben oder zu magazinieren.

Dabei wurden Objekte auch wieder zurück an Privatpersonen gegeben. Emil Hassler, ehemaliges Ehrenmitglied der MGCG, holte beispielsweise seine der MGCG geschenkte Sammlung 1908 wieder in Aarau ab.

Dieser Federmantel aus Federn des Roten Ibis stammt aus Brasilien und wurde zwischen 1550 und 1650 hergestellt. Das MKB kaufte ihn 1918 @ Omar Lemke

Das MKB kaufte 1918 und 1928 aus der in Aarau verbleibenden Sammlung Objekte an. Zum Beispiel den Federmantel IVc 657 aus Brasilien. Er war bereits in unseren Ausstellungen «Wissensdrang trifft Sammelwut» und «Rot – Wenn Farbe zur Täterin wird» zu sehen. Oder der Spindel VI 8335 aus Griechenland. 1966 erhielt das MKB auf demselben Weg zusätzlich rund 90 Fotografien von Stoffmusterungen als Schenkung.

Keine Auskunft zu geben

E. Meyer-Zschokke, damaliger Direktor des Gewerbemuseums Aarau, schreibt am 11.2.1918 in einem Brief an die Kommission des Völkerkundemuseums Basel über die Objekte aus der Sammlung der MGCG: «Ueber die Erwerbsart dieser Objekte ist im Einzelnen keine Auskunft zu geben. Ein Teil mag bei der Weltausstellung in Paris erworben und errungen worden sein; weiteres dürfte über Hamburg eingegangen sein […] Vieles andere ist durch Reisende und überseeische Kaufleute kauf- & schenkungsweise zugekommen».

Zweiseitiger Brief von E. Meyer-Zschokke, ehem. Direktor des Gewerbemuseums Aarau, an die Kommission des Völkerkundemuseums Basel vom 11.2.1918

Das Projekt «Who is Who in der Sammlung des MKB» erforscht, wer die Privatpersonen, Händlerinnen und Institutionen waren, die uns Gegenstände verkauften, schenkten, vermachten oder vermittelten. Diese Praxis verlief nicht immer ganz linear. In vielen Fällen handelte es sich um komplexe Prozesse, in die Sammelnde, Vermittelnde und Verkaufende involviert waren. Die Objekte aus der ehemaligen ethnografischen Sammlung der Mittelschweizerische Geographisch-Commercielle Gesellschaft sind gute Beispiele für vielseitig verstrickte Provenienzgeschichten.

Weitere Beispiele werden folgen.