Auf Sammelreise
Das Projekt «Who is Who in der Sammlung des MKB» macht sich auf die Spuren von Personen und Institutionen, die dem Museum Objekte verkauft, vermacht oder geschenkt haben. Einige der Personen sammelten auch für andere Museen. So zum Beispiel der Basler Fritz Wilhelm Riggenbach.
Sammler Fritz Wilhelm Riggenbach unternahm um 1900 herum zahlreiche «Sammelreisen» und konzentrierte sich dabei auf Tierisches. Inspiriert durch unsere Ausstellung «tierisch!», die ab 27. August zu sehen ist, schauen wir da natürlich genauer hin.
Ein dickes Dossier mit alten Briefen befindet sich in unserem Dokumentenarchiv. Darin können wir den Austausch zwischen Fritz Wilhelm Riggenbach und seinen Auftraggebenden nachlesen. Einige Tiere waren gefragter als andere, zum Beispiel die Ohrenlerchen.
Ernst Hartert vom Zoologischen Museum Tring wollte, dass Riggenbach diesen Vogel in Marokko sammelte und fügte seinem Brief eine Zeichnung bei. Eichhörnchen hingegen waren wohl weit verbreitet und daher nicht interessant, was sich aus dem Briefwechsel ergibt:
«Er [Mr. Thomas vom British Museum] lässt Ihnen sagen, er möchte alle Sorten von Säugethieren aus der Gegend von Mogador und von Ihren Reisen ins Innere haben, mit Ausnahme der gesandten Eichhörnchen, die das gemeinste aller Biester sind».
Brief von Ernst Hartert, Zoological Museum Tring, an Fritz Wilhelm Riggenbach, 17.8.1904. Enthalten in: MKB Dokumentenarchiv, Signatur 05-0059, ID 908
Mit Fehlerquote
Bevor Riggenbach die gesammelten Tiere nach Europa schicken konnte, musste er sie entsprechend präparieren und beschriften. Dabei konnten sich Fehler einschleichen, sehr zum Ärger seiner Auftraggebenden:
«Wegen den Eiern bin ich einigermassen in Verlegenheit. Sie haben wieder mehrere ganz falsch bestimmt!!»
Brief von Ernst Hartert an F. W. Riggenbach, 22.9.1906
«Es befindet sich in der Kiste 6 zusammengesetzte Vögel: Köpfe von Pirolen auf langschwänzige Staare genäht u. umgekehrt!!! Diese sind mit Datum, Lokalität versehen u. etikettiert!! Ich begreife nicht, wie Sie sich so dupieren lassen können […] oder Sie erlaubten sich einen schlechten Scherz mit uns»
Brief von Ernst Hartert an F.W. Riggenbach, 31.8.1907. Enthalten in: MKB Dokumentenarchiv, Signatur 05-0059, ID 908
Becher, Schmuck, Textilien, Amulette und Ritualgegenstände
38 Objekte sind in unserer Museumsdatenbank mit dem Namen des Baslers Fritz Wilhelm Riggenbach verknüpft. Sie stammen aus Marokko, Senegal und Westneuguinea.
Die Unterlagen in unserem Dokumentenarchiv weisen aber auf einen durchaus aktiven Sammler hin: Fritz Wilhelm Riggenbach sammelte unter anderem für Walter Rothschild, der in England ein privates zoologisches Museum führte. Rund 1800 Vogelbälge von über 100 verschiedenen Arten und rund 200 Schmetterlinge müssen allein in Senegal zusammengekommen sein, wie in Riggenbachs Notizbuch «Senegal Sammlungen resp. Ausbeute Rothschild etc.» zu lesen ist.
Auch für das Königliche Zoologische Museum Berlin (heute Museum für Naturkunde Berlin) und die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft in Frankurt am Main war Riggenbach in mehreren Ländern Afrikas unterwegs. Ebenso besitzen das Naturhistorische Museum Basel, das Historische Museum Basel und die Kantonsarchäologie Solothurn Objekte von Riggenbach.
«Zuletzt muss ich sehr ernstlich betöhnen dass ich nur solche Thier- & Vogelbälge acceptiere die mit genauem Fundort, Geschlecht und Datum etiquettiert sind»
Walter Rothschild an F.W. Riggenbach, 19.2.1900
Puzzleteile
Im Vergleich mit anderen europäischen Museen besitzt das MKB also wenig Objekte aus der Hand von Riggenbach. Doch genau darin liegt die Krux: Riggenbach und seine Frau Elisabeth bestritten zeitweise ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Tieren, Naturalien und Ethnografika im grossen Stil. Die «Ausbeute» – in Riggenbachs Worten – befindet sich heute in zahlreichen Institutionen und sie alle besitzen einen Teil des Puzzles.
So sind beispielsweise im Dokumentenarchiv des MKB zahlreiche Briefe, Notizhefte, Karten und sogar ein Vertrag enthalten, die nicht direkt etwas mit den 38 ethnografischen Objekten zu tun haben. Sie geben allerdings Hinweise darauf, wie sich die Riggenbachs auf ihren Reisen organisierten, welche Säugetiere, Vögel und Insekten sie für welche Institution sammelten, wie Honorare und Preise ausgehandelt wurden und welche Sammelanleitungen andere Museen verfassten (z. B. eine Anleitung zum Fang von niederen Süsswasser-Krebsen).
Im Kontext
All dies sind wichtige Informationen für Provenienzforschungen. Sie erlauben, Rückschlüsse auf die Art und Weise des Objekterwerbs zu ziehen, die Erwerbsumstände zu kontextualisieren und sind im Fall von Fritz Wilhelm Riggenbach auch Zeugen, wie Schweizer Sammlerinnen und Sammler von den kolonialen Unternehmungen anderer Ländern profitierten oder gar im Auftrag von Kolonialverwaltungen agierten. So war Riggenbach 1908/1909 beispielsweise Teil einer Expedition durch die damalige deutsche Kolonie Kamerun – finanziert durch das Reichskolonialamt, eine ehemalige Behörde des Deutschen Kaiserreichs.