Das Hirn der Sammlung
Richard Kunz holt ein dickes Buch aus seinem Schrank. «Unser Sammlungsmanagement ist eine Mischform aus digital und analog», erklärt er. «So ein Einlaufbuch findet man auf jeder Abteilung, es ist das wichtigste Gut.»
Der Kurator Südostasien schlägt das Buch auf der ersten Seite auf. Neben der Jahreszahl stehen zahlreiche Angaben zu Objekteingängen seit 1898. Jeder Eingang der heute weit über 320‘000 Objekte ist in einem solchen Buch verzeichnet. Digitalisierung hin oder her.
Richard Kunz weiss aber um den Wert der Digitalisierung. Noch vor rund zwanzig Jahren hiess es bei der Objektrecherche: zu einem Karteikarten-Schrank gehen, die Karte des Objekts suchen, in eines der Depots fahren und dort das Objekt finden.
Heute ist das einfacher. Ein Computerprogramm übernimmt die Aufgabe des grossen Schranks. Anhand einer breiten Auswahl an Suchfiltern lassen sich Objekte schnell lokalisieren. Aus jedem Büro, zu jeder Zeit. Auch Informationen zum Zustand oder zur Versicherung der Objekte lassen sich abrufen.
Den Umzug gut genutzt
In den 1990er-Jahren schaffte sich das Museum eine professionelle Datenbank an, die ab 1995 durch zwei Mitarbeitende in Teilzeit befüllt wurde. Als Basis dienten die Einlaufbücher, deren Inhalte erfasst wurden.
Als zwischen 2003 und 2011 alle Objekte des Museums aus über 30 Räumen in zwei moderne Depots verlagert wurden, nutzte man die Gunst der Stunde und intensivierte die Digitalisierung. Da verfügte das Museum bereits über dieselbe Datenbank wie heute. Das «Hirn der Sammlung», wie es Richard Kunz nennt.
Für die Übertragung der analogen Karteikarten ins digitale System arbeiteten fünf Studierende während knapp drei Jahren, nachdem man sich ein System zur möglichst effizienten Übertragung ausgedacht hatte.
Um effiziente Systeme kümmert sich heute vorwiegend einer. Jan Eppenberger ist im Museum verantwortlich für die Verwaltung dieser Datenbank. Seine Schaltzentrale liegt am Münsterplatz, von hier aus koordiniert und verwaltet Eppenberger die digitale Sammlung.
Die grösste Schwierigkeit in der Arbeit mit dem TMS, wie die Datenbank heisst, liege bei der sauberen Datenerfassung, sagt Eppenberger. «Manchmal ist das System etwas schwierig im Handling, meistens klappt es aber gut».
Vor Überraschungen ist auch er nicht sicher, wie eine Anekdote zeigt: Eppenberger entdeckte in der Datenbank zwei seiner Onkel, die als Einlieferer mehrerer Objekte erfasst sind. Eines der Objekte wurde im vergangenen Jahr sogar ausgestellt.
«Die Digitalisierung ist auf jeden Fall angekommen», schliesst Jan Eppenberger das Gespräch über die Sammlungsverwaltung ab. «Ja, aber sie ist noch nicht abgeschlossen», ergänzt Richard Kunz, und legt das Einlaufbuch zurück in den Schrank.