Präventiv gegen Vielfrasse
Anne-Rose Bringel beugt sich über den Tisch und zeigt, was die Insekten angerichtet haben. Die kleine Figur, nur wenig grösser als eine Hand, trug einst eine Mütze. Wo diese hingekommen ist? Vermutlich von Insekten verspeist worden. Genauso wie die Getreidekörnchen, die die Figur in kleinen Plastiksäckchen umhertrug. Damit das ein Einzelfall bleibt, werden Vorsichtsmassnahmen getroffen.
Wir haben uns in diesem Blog bereits damit auseinandergesetzt, dass im Rahmen des IPM (Integrated Pest Management) die Insektenfallen im Museum in regelmässigen Abständen kontrolliert und ausgetauscht werden müssen. Da nur ein kleiner Teil der insgesamt 320‘000 Objekte überhaupt im Museum ausgestellt ist, lauern dieselben Gefahren für die organischen Materialien in den Depots. Auch hier müssen die Objekte vor den gefrässigen Zeitgenossen geschützt werden.
Ein Raum im Depot fällt besonders wegen der Beschriftung direkt auf. In grossen Lettern mit dem Wort «Quarantäne» beschriftet, beinhaltet der Raum zwei Gerätschaften, nämlich die Stickstoffkammer und einen Tiefkühler. In diesen werden Neueingänge, Rückführungen von Ausstellungen und heimkehrende Leihgaben behandelt, damit es nicht zu einem Insektenbefall kommt.
«Es ist immer besser, präventiv zu arbeiten.»
Die Insekten, die einen unstillbaren Hunger auf die organischen Objekte haben, lassen sich auf viele Weisen unschädlich machen. Viele dieser Methoden schaden aber den Objekten. Nicht so die Stickstoffkammer. Anne-Rose Bringel von der Abteilung Konservierung und Restaurierung ist mit für sie verantwortlich. «Es ist immer besser, präventiv zu arbeiten», sagt sie, und weiss, wovon sie spricht.
In der Stickstoffkammer wird der Sauerstoffgehalt auf nahezu null Prozent gesenkt. Diese Umstellung ist selbst für kleinste Insekten zu viel, zumal die Atmosphäre normalerweise über einen Sauerstoffanteil von rund 20% verfügt. Wenn die Kammer dicht ist, lässt sich das Klima in ihr drin genauestens steuern. Die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur sind für das Wohlergehen der Objekte von grosser Wichtigkeit, schliesslich dauert ein Aufenthalt in der Kammer sechs Wochen.
«Wir sind sehr glücklich, eine Stickstoffkammer zu haben.»
In den Tiefkühler kommen währenddessen fast ausschliesslich Textilien. Der Vorteil ist, dass die Objekte nach sieben Tagen «fertig» sind. Der Nachteil ist, dass die Behandlung nicht für alle Materialien angewendet werden kann. «Deshalb», so Anne-Rose Bringel, «sind wir sehr glücklich, eine Stickstoffkammer zu haben.»
Grosse Objekte sind hingegen eine Herausforderung für die Kammer. Ab einer gewissen Grösse haben sie nämlich schlicht und einfach keinen Platz. Anne-Rose Bringel ist dennoch zuversichtlich, dass sie die Bänke und Tische, die als zurückgekommene Leihgabe vor der Kammer stehen, noch in den wenigen Quadratmetern der Kammer unterbringen kann.