Vorhang auf!
Das Publikum liegt Anne Klinge jeweils zu Füssen. Mit ihrem Fusstheater wird sie an der Museumsnacht auch unsere Gäste begeistern.
MKB: Frau Klinge, wie kamen Sie auf die Idee, mit den Füssen Theater zu spielen?
Anne Klinge: Ich habe früher Kindertheater gespielt, Rollen wie das Sams oder die kleine Hexe, mit Gumminasen im Gesicht. Diese Nasen habe ich dann irgendwann auf meine Hände gesetzt und dann auch auf die Füsse und so entstand die «Anatomie der Fusspuppe». Es dauerte eine ganze Weile, bis erste Programme entstanden, es gab ja keinen Lehrer. Aber ich konnte auf meinen Erfahrungen als Regisseurin und Schauspielerin aufbauen und schliesslich war auch eine Pantomime- und Körpertheaterausbildung die perfekte Grundlage.
Was ist das Schwierigste beim Fusstheater?
Viele Leute denken, es ist schwierig, die Beine so lange hoch zu halten oder nahezu blind zu spielen. Aber das ist alles Übungssache. Ich glaube, die Kunst des Fusstheaterspielens liegt eher darin, die Füsse lebendig werden zu lassen, ihnen Emotionen, Gedanken, Haltungen einzugeben, sie atmen zu lassen, so dass die Zuschauer vergessen, dass es Füsse sind.
Wie bringen Sie dies fertig?
Ich denke ganzheitlich, baue im Körper eine Emotion mit der Schauspieltechnik auf, eine Traurigkeit, eine Fröhlichkeit, einen überraschenden Blick, und ich denke mit, was die Figuren denken. Wenn ich das alles ganz präzise mache, die Füsse also nicht nur bewege, sondern alles konzentriert mitdenke, dann kriegen die Füsse diesen Ausdruck.
Ich habe auf den Füssen nur die Nase, keine Augen, keinen Mund. Die Zuschauer haben dadurch die Möglichkeit, ganz viel hineinzulesen, und ich glaube, das ist es, was die Leute so mögen. Dass es noch so eine Freiheit gibt im Zuschauen, einen Eigenanteil.
Wie gehen Sie auf die Bühne?
Meine Programme starten damit, dass ich ganz normal auf mein Podest steige und erst hier, sichtbar und «Schritt für Schritt» die Fussfiguren entstehen lasse. D.h. ich lege mich hin und schlüpfe mit dem Bein in ein Hemd, da sieht man eine Art Oberkörper. Aus dem Halsausschnitt schaut ein Fuss, dieser bekommt eine Nase aufgesetzt und beginnt, die Zuschauer zu betrachten. Dann schlüpft aus dem einen Ärmel eine Hand, dann eine zweite aus dem anderen Ärmel, danach wird das andere Bein ebenso zur Figur. Und los geht’s.
Immer barfuss laufen
Hat sich die Beziehung zu Ihren Füssen im Laufe der Zeit verändert?
Mein Vater ist Erdbebenforscher und wir wohnten in einer Erdbebenforschungsstation mitten im Wald im Thüringer Schiefergebirge. Damit es keine Erschütterungen auf den Messgeräten gab, mussten wir immer barfuss laufen. Auch im Studium bin ich den ganzen Sommer barfuss gelaufen. Inzwischen geht das nicht mehr so gut, ich habe ja alle paar Tage eine Aufführung. Aber ich passe sehr gut auf meine Füsse auf, trage nie hohe Absätze.
Welche Schuhgrösse haben Sie?
Ich habe verhältnismässig kleine Füsse, Schuhgrösse 36/37 und auch kleine Hände. Das ist vielleicht ein grosser Vorteil für die «Füssiognomie».