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Die Venus berührt

Unterwegs mit den Künstlerinnen aus Milingimbi

Ruth Nalmakarra verschlägt es fast die Sprache. In der Ausstellung «Sonne, Mond und Sterne» hängt eine Rindenmalerei, die sie auf ihre Vorfahren zurückführen kann. «Der Morgenstern stammt von meiner Grossmutter mütterlicherseits», erklärt sie, als sie sich wieder gefasst hat. Was sie anspricht, ist die Geschichte des Morgensterns. Sie hat Rechte an der Geschichte. Nun steht sie ganz ruhig vor dem Werk, in Gedanken versunken.

Ruth Nalmakarra steht vor einer Rindenmalerei und zeigt mit der rechten Hand auf Details

Malerische Familiengeschichte

Die Rindenmalerei aus den 1960er-Jahren zeigt Banumbirr als Venus. Er gilt als Schöpfer der Menschen in Arnhemland, der Heimat von Ruth Nalmakarra. Ein emotionaler Moment für die Künstlerin von der kleinen Insel Milingimbi, vor der Nordküste Australiens. Mit Helen Ganalmirriwuy zusammen ist sie für knapp zwei Wochen in Basel – zum ersten Mal. Die beiden Flechterinnen schauen sich Artefakte aus ihrer Heimat in den Ausstellungen und in den Depots an, erzählen Ozeanien-Kuratorin Beatrice Voirol, was sie darüber wissen, und tragen so zur Forschung bei.

Gesetzestreu

Helen Ganalmirriwuy bemerkt angesichts einer zweiten Rindenmalerei, dass der Künstler gestorben sei. Wenn dem so ist, besage das Gesetz, dass das Muster nicht mehr gemalt respektive kopiert werden darf.

Das Foto zeigt die beiden Künstlerinnen zwischen zwei Rindenmalereien in der Ausstellung «Sonne, Mond und Sterne»

Helen Ganalmirriwuy (l.) und Ruth Nalmakarra (r.) sehen die Dinge mit anderen Augen

Die Menschen glücklich gemacht

Wie ist das für sie, wenn sie heimische Objekte im Museum sehen? Die beiden Künstlerinnen haben damit keine Probleme. Im Gegenteil, sie sagen, die Objekte seien auf diese Weise an einem sicheren Ort und bestens aufbewahrt. Gut finden sie, dass Beatrice Voirol schon zwei Mal Objekte nach Milingimbi mitgenommen hat und der Bevölkerung gezeigt hat. Vor allem für Familien, von denen sie ursprünglich stammen, sei das wichtig. «Es hat die Menschen glücklich gemacht», betont Ruth Nalmakarra.

Die beiden bereiteten ihrerseits den Teilnehmenden des Flechtworkshops eine grosse Freude. Sie zeigten, wie Halsketten hergestellt werden und brachten dafür heimisches Material mit. Ein Erlebnis für beide Seiten.

Neun Frauen sitzen und stehen in einem Kreis auf Teppichen. Vor sich haben sie verschiedene Materialien, aus denen sie Schmuck flechten.

In einem Workshop haben die beiden Künstlerinnen ihre Kunst weitervermittelt

Begleitet werden die beiden Künstlerinnen von Louise Hamby von der Australian National University. Sie studiert, wie Frauen auf Objekte reagieren. Bisher seien immer nur Männer gereist und meist hätten nur sie Objekte zu Gesicht bekommen. Ihnen gehe es dabei eher um die Nutzung. Frauen würden Dinge anders anschauen. Sie fokussierten mehr auf die Materialien und die Techniken – weil meist auch Frauen die Objekte hergestellt haben.